Höhenangst (Akrophobie)

Etwa 32 % der Deutschen leiden unter Höhenangst, auch bekannt als Akrophobie. Diese spezifische Phobie äußert sich in einer intensiven Angst vor Höhen oder bestimmten Abständen zum Boden. Betroffene können bereits beim Besteigen einer Leiter, beim Blick von einem Balkon oder beim Überqueren einer Brücke Angst empfinden. Höhenangst gehört zu den häufigsten spezifischen Phobien und betrifft Menschen in unterschiedlichen Ausprägungen.

Die Furcht vor Höhen hat biologische Wurzeln und dient als natürlicher Schutzmechanismus. Studien zeigen, dass bereits Säuglinge eine angeborene Angst vor Abgründen haben. In Experimenten zögerten Kleinkinder, über einen scheinbaren Abgrund zu krabbeln, selbst wenn eine Glasplatte sie schützte.

Bei vielen Menschen äußert sich Höhenangst in körperlichen Symptomen wie Schwindel, Herzklopfen, weichen Knien, erhöhtem Muskeltonus bis hin zu Atemnot, wenn sie sich in großen Höhen befinden oder diese betreten. Während einige Personen mit ihrer Angst umgehen können, erleben andere so starke Ängste, dass sie alltägliche Aktivitäten wie das Überqueren einer Brücke oder das Treppensteigen in einem Hochhaus meiden müssen. Wenn die Höhenangst das tägliche Leben erheblich einschränkt, kann Hypnotherapie hilfreich sein.

Fallbeispiel

Ich lernte Mike (Name geändert) auf La Gomera beim Wandern kennen. Er sprach mich auf einem Wanderweg in den Bergen an und bat um Hilfe. Er saß wie versteinert auf dem Weg; sein ganzer Körper zitterte, seine Stimme war schwach und er schwitzte stark. Mike hatte sich einem Wanderer angeschlossen und nicht mitgeteilt, dass er unter Höhenangst leidet. Sein Ziel war es, mithilfe der Konfrontationsmethode seine Höhenangst zu minimieren, damit er im nächsten Urlaub seinen Partner auf dem Gratweg des Hohen Göll in den Berchtesgadener Alpen begleiten konnte.

Als der Wanderer Mike nicht dazu bewegen konnte, weiterzugehen, wollte er Hilfe holen – und so traf ich auf ihn. Ich beruhigte ihn und schlug vor, gemeinsam Schritt für Schritt zurück nach unten zu gehen. Innerlich war ich jedoch nicht so ruhig wie äußerlich; ich wusste, dass es in zwei Stunden stockdunkel sein würde.

In seiner Not ließ Mike sich auf eine Atemübung ein und ich erzählte ihm von meiner Tätigkeit als Hypnotherapeutin. Ich bot ihm an, ihm zwischendurch ermutigende Suggestionen zu geben. Es dauerte etwa 30 Minuten, bis wir den ersten Schritt machen konnten. Ich bat ihn, mit mir zu sprechen und dabei auf seinen Atem zu achten. In seinem Atemrhythmus setzte ich kleine Suggestionen in Form von ermutigenden Adjektiven ein und lobte ihn zwischendurch – jedes Mal lächelte er.

Plötzlich fragte Mike mich, wie weit es noch bis zum Ziel sei. Ich antwortete ihm, dass wir fast unten seien; eine genaue Zeitvorgabe wollte ich vermeiden, um ihn nicht zusätzlich unter Druck zu setzen. Seine Schritte waren langsam und klein; hin und wieder blieb er stehen und atmete tief ein und aus.

Da wir nur langsam vorankamen und nur noch eine Stunde bis zur Dunkelheit hatten, entschloss ich mich dazu, ihn während des Abstiegs in Trance zu versetzen. Wir blieben stehen, lehnten uns mit dem Rücken an den Berg und ich bat ihn, die Augen zu schließen. Ich gab ihm die Suggestion: „Stell dir vor, wir müssen wie beim Stierlauf in Pamplona davonrennen.“ Ich forderte ihn auf, sich das Szenario in allen Einzelheiten vorzustellen – es bereitete ihm Freude und seine Fantasie nahm Fahrt auf.

Als er die Augen öffnete, lächelten wir uns an und gingen schnellen Schrittes den Weg ins Tal hinunter. Auf den letzten Metern mussten wir schließlich doch unsere Taschenlampen einschalten, um sicher zum Auto zu gelangen.

Sechs Monate später erhielt ich von Mike ein Foto: Er war mit seinem Freund in den Berchtesgadener Alpen wandern gegangen.

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